Am Anfang war das Feuer

Wie oft habe ich einen Anfang gewagt? Endlich anfangen … Ordnung zu halten, mehr auf mich zu achten, einen Text zu schreiben, ein neues Projekt zu beginnen … oder sogar mein Leben von Grund auf zu ändern. 

Meist war ich Feuer und Flamme für die neuen Ideen. Vor allem nach Seminaren. Okay, das Thema „Ordnung“ war eher ein gefühltes „muss“. Ich schmiedete Pläne und setzte mir Zwischenziele.  Dann kam das Leben. Arbeiten, Freunde, Familie und unvermeidbare Lebensumstände.

Das Feuer wurde kleiner. Es erlosch. Viel zu oft war der Anfang einer neuen Idee bereits der Anfang vom Ende. Das führte eine lange Zeit lang dazu, dass ich mir gar nichts Neues mehr vorgenommen habe. Das Leben plätscherte einfach so dahin. 

Feuer und Wasser vertragen sich nicht allzu gut. So langsam drohte mein Lebensfeuer zu verlöschen. Alles ging in einem Alltagsgrau unter. Mein Leben wurde ein Einheitsbrei und ich mit ihm. Austauschbar mit zahllosen anderen Leben und keine Spur mehr von „Ich“.

Zu meinem Glück sind Bedürfnisse hartnäckig. 2009 gab es einen neuen Anfang. Der hieß „Schauspielen“. Ein Projekt, das über drei Jahre lief und in einer Aufführung vor insgesamt 800 Menschen endete. Dieses Feuer nährte mich.

Nach und nach bemerkte ich, dass der Fluss des Lebens an seinen Ufern das ein oder andere Glutnest unbeschädigt hinterlassen hatte. Nester, die nur neue Nahrung brauchten, um wieder zu entflammen.

Einige ehemalige Anfänge wurden wieder genährt und für sie brenne ich heute mit mehr Leidenschaft, als ich es für möglich gehalten hätte. Ich schreibe gerne und viel. Ich gehe gerne zur Arbeit. Und schließlich: Ich mag mich (wieder). Sicherlich das wichtigste Feuer von allen.

Jedes Jahr ist ein neuer Anfang, so wie sicherlich auch jeder Tag. Mit meinen Ideen und Anfängen gehe ich heute behutsamer um. Bei manchen lege ich einfach ein Stück Kohle auf, damit die Glut erhalten bleibt. Andere beachte ich jeden Tag und lege gewissenhaft Holz nach. Manchmal kann ich das Lodern der Flammen in meinen Augen sehen. Dann weiß ich, dass in jedem Anfang auch ein Zauber liegt.

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