Eigentlich müsste der Titel Selbstwertgefühl, Selbstliebe, Selbstkritik und Selbstmitgefühl lauten. Das wäre aber zu lang geworden. Hauptsächlich geht es mir um die Selbstliebe. Das Selbstwertgefühl ist sehr fragile. Selbstkritik verhindert und Selbstmitgefühl verstärkt die Selbstliebe.
Ich werde die Punkte der Reihe nach durchgehen und meine Gedanken dazu aufschreiben. Konkrete Umsetzungsideen findest du am Ende des Artikels, unter: „Was du tun kannst.“ Sollte dir der Artikel gefallen, teile ihn doch bitte mit anderen.
Das Selbstwertgefühl
Das Selbstwertgefühl hängt mit der Bewertung deines Selbstbildes zusammen. Du hast ein Bild von dir, wie du sein möchtest oder wie du sein solltest. Dann triffst du ein Urteil darüber, wie dieses Bild im Moment zu dir und deiner Situation passt.
Fällt das Urteil positiv aus, hast du ein hohes Selbstwertgefühl. Im anderen Fall wahrscheinlich ein Niedriges. Ob es dir, und mir, gefällt, oder nicht, unser Selbstwertgefühl hängt doch sehr stark von äußeren Bedingungen ab. Silvia Richter-Kaupp nennt es einen „Schönwetterzustand“.
Wenn es in unserem Leben gut läuft, ist es einfach, ein hohes Selbstwertgefühl an den Tag zu legen. Wenn wir über das Leben stolpern oder gar fallen, wird es schwieriger. Du kannst hier sicherlich entgegensteuern, dazu am Ende des Artikels mehr.
In Selbstwertgefühl steckt das Wort „Gefühl“. Das zeigt bereits an, dass es hierbei nicht um objektive Gründe geht. Es geht um unsere Empfindungen. Objektiv gesehen müssten wir alle ein hohes Selbstwertgefühl haben. Wir sind einzigartig und wundervoll. Leider spüren wir das manchmal nicht.
Keiner von uns wird mit einem hohen oder niedrigen Selbstwertgefühl geboren. Das Bewusstsein über uns selbst entwickelt sich durch unsere Erfahrungen und Ereignisse in unserem Leben. Diesen Erfahrungen und Ereignissen geben wir dann eine Bedeutung.
Die Grundlage dazu wird in unserer Kindheit gelegt. Hier geben wir beispielsweise den Geschichten, die Erwachsene über uns erzählen, sehr viel Gewicht. Unser Selbstbild und damit unser Selbstwertgefühl verändert sich das ganze Leben hindurch.
Daher kannst du auch das ganze Leben hindurch dafür sorgen, dass dein Selbstwertgefühl steigt. Das würde ich dir empfehlen. Bevor wir zu dem dafür nützlichen Selbstmitgefühl kommen, möchte ich noch die Themen Selbstliebe und Selbstkritik aufgreifen.
Die Selbstliebe
Selbstliebe ist die Annahme der eigenen Person mit all den kleinen und großem Macken. Die schönen und angenehmen Seiten an uns zu lieben fällt uns meist nicht so schwer. Okay, manchmal müssen wir erst erkennen, dass wir ein Geschenk für die Welt sind.
Die Selbstliebe entwickelt sich ähnlich, wie die Liebe zu einer anderen Person. Daher möchte ich einen kurzen Blick auf das Thema Liebe werfen. Wenn wir eine andere Person Lieben fängt das meist mit einer „Verliebtheit“ an. In der Phase laufen wir mit der berühmt – berüchtigten „rosa Brille“ durch die Welt.
Wir sehen nur die schönen Seiten der anderen Person. Die „Macken“, die jeder Mensch hat, blenden wir aus. Ein super Trick der Natur. Was da passiert und wie es abläuft möchte ich im heutigen Artikel außen vorlassen. Liebe fängt dann an, wenn die Verliebtheit nachlässt. Leider beenden viele Menschen in diesem Zusammenhang ihre Beziehung. Aber auch das ist ein anderes Thema.
Verliebtheit benötigt, um entstehen zu können, das Unbekannte. Wir kennen die andere Person noch nicht so genau. Das Erforschen des Unbekannten macht den großen Reiz der Verliebtheit aus. Selbstliebe muss ohne diese Verliebtheit auskommen. Dafür kennen wir uns schon zu gut.
Liebe ist etwas was sich entwickelt. Sie entsteht nicht sofort. Genauso verhält es sich mit der Selbstliebe. Sie entwickelt sich, im Laufe der Zeit, wenn du ihr die Möglichkeit dazugibst. Ein erster guter Schritt in Richtung Selbstliebe ist, dass wir uns so verhalten, wie ein Mensch, den wir lieben können.
Selbstliebe und Selbstmitgefühl bedingen und verstärken sich gegenseitig. Je mehr Selbstliebe du entwickelst, umso mehr Mitgefühl kannst du für dich selber entwickeln. Wenn du mitfühlend mit dir umgehst, wird deine Selbstliebe steigen. Daher ist es egal, wo du in diesen Kreislauf einsteigst.
Bevor wir zum Selbstmitgefühl kommen, möchte ich jedoch auf das kritische Verhalten uns selbst gegenüber eingehen.
Die Selbstkritik
Der Drang kritisch mit Fehlern und Fehlverhalten umzugehen, wurde durch das mechanische Menschenbild der Industrialisierung sehr befördert. Dieses Bild vergleicht den menschlichen Körper mit einer Maschine. Wenn etwas nicht so läuft, wie gewünscht muss man es reparieren und dann funktioniert der Mensch wieder.
Hinzu kommt das ungleiche Wissen in dieser Zeit. Der „Wissende“ sagt dem „Unwissenden“ wie er was zu tun und zu lassen hat, damit die Maschine nicht kaputtgeht und nach außen gut aussieht. Das funktionierte, nach damalige Meinung, indem man Fehler deutlich macht, und zwar so lange und mit steigender Heftigkeit, bis der „Unwissende“ es endlich eingesehen hat. Dieses Bild lebt leider fort.
So zeigt sich beim Hinterfragen der inneren kritischen Stimme, dass sie oftmals auf Äußerungen von wichtigen Erwachsenen während der Kindheit zurückgeht. Meine sprach beispielsweise sogar im Tonfall meines Vaters.
Jetzt, da wir gerade bei mir sind. Währe Selbstkritik olympische Disziplin gewesen, so wäre ich vor zehn Jahren noch ein Anwärter auf einen Medaillenrang gewesen. Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn es mir gelungen ist, einen anderen Weg zu gehen, jeder andere das auch schafft. Doch zurück zur Selbstkritik.
Kritik soll uns augenscheinlich helfen, uns zu verbessern und vermeintliche sowie tatsächliche Schwächen abbauen. Viele Studien zeigen auf, dass ein klares Gespräch eine stärke Wirkung hat als eine kritische Aussage. Diese Studien kommen aus den Bereichen der Arbeit und den Schulen. Dennoch greifen wir nach wie vor, viel schneller auf Kritik zurück, zumal sie weniger Zeit beansprucht.
Ich möchte dich ermutigen, dein kritisches Verhalten, dir selbst gegenüber, behutsam durch ein mitfühlendes zu ersetzen.
Das Selbstmitgefühl
Grade, weil wir darin uns zu kritisieren, kommt das Selbstmitgefühl oftmals schlecht weg. Es wird mit Selbstmitleid, Gleichgültigkeit und Selbstnachgiebigkeit gleichgesetzt. Selbstmitgefühl hat damit genauso wenig zu tun wie mit Egoismus. Ich möchte dir dies an einem kleinen Beispiel verdeutlichen.
Mal angenommen, du hast eine Aufgabe nicht zu dem Zeitpunkt fertigbekommen, an dem du sie hättest abgeben müssen. Die kritische Stimme könnte so aussehen: „Jetzt hast du die Sache mal wieder vermasselt. Ist ja typisch. Hättest du direkt angefangen, wäre das jetzt erledigt. Du musstest dich ja mit Tom austauschen. Setz mal die richtigen Prioritäten….“
Eine Selbstmitfühlende Grundhaltung wäre vielleicht diese: „Okay, das hat jetzt nicht geklappt. Du fühlst dich unwohl dabei, die Aufgabe nicht fertiggestellt zu haben. Was brauchst du, um jetzt wieder positiv an deine Arbeit gehen zu können? … Wie möchtest du mit der unerledigten Aufgabe umgehen? … Was kannst du in Zukunft tun, damit du die Dinge pünktlich parat hast? …“
Kurz, auf einen Satz gebracht bedeutet Selbstmitgefühl, sich selber der beste Freund beziehungsweise die beste Freundin zu sein. Das ist ein wahrlich guter Schritt zur Selbstliebe.
Es geht also beim Selbstmitgefühl darum, dass wir behutsam und verständnisvoll mit uns umgehen. Nach meiner persönlichen Erfahrung tauchen die kritischen Stimmen, die nach Leid nochmals Leid erzeugen, immer mal wieder auf. Wenn du dich davon nicht beeindrucken lässt, lassen sie nach und du wirst konstruktivere Lösungen für dein Leben finden.
Selbstmitgefühl beinhaltet, ähnlich wie die Selbstliebe, dass Bewusstsein über unsere Unzulänglichkeit. Es weitet den Blick auf die Erfahrungen, die wir mit anderen Teilen und zeigt, damit auf, dass unsere Geschichten ähnlich sind.
Um ein gutes Selbstmitgefühl zu etablieren, ist es wichtig, dass du mit deinen Gefühlen offen und ehrlich umgehst. Sie zu ignorieren oder dich mit Selbstkritik nochmals tiefer reinzureiten, bringt dich nicht wirklich weiter.
Was du tun kannst
Nimm dir möglichst jeden Tag, aber mindestens einmal in der Woche Zeit, dir schöne Erinnerungen und Ereignisse aufzuschreiben. Ich nutze dafür mittlerweile eine Spalte in meinem Kalender. Erfolge sind hier genauso wichtig, wie Lernerfahrungen.
Überprüfe immer mal wieder deine, „so bin ich (eben)“, Gedanken. Könnte es sein, dass du nur so bist, weil du glaubst so zu sein? Woher weißt du, dass das, was du glaubst wahr ist?
Klienten gebe ich sehr oft den Auftrag zehn Dinge zu benennen, die an ihnen liebenswert sind. Das ist eine Übung, die mir beim ersten Mal ebenfalls nicht so einfach gefallen ist. Ähnliches erlebe ich bei den Klienten. Es ist jedoch ein guter Schritt um Selbstliebe zu entwickeln.
Daher schlage ich dir vor, diesen Schritt ebenfalls zu gehen. Auch hier empfehle ich dir, deine Aussagen schriftlich festzuhalten. Dann kannst du sie dir immer wieder anschauen, wenn deine Selbstliebe nachlässt. Darüber hinaus solltest du die zehn Punkte immer wieder durch weitere ergänzen.
Steigern kannst du das Ganze noch, indem du dich vor den Spiegel stellst und dir die zehn Punkte selber ins Gesicht sagst. Manchmal wird sich dann der innere Kritiker zu Wort melden. Letztendlich meint er es gut mit dir. Sag ihm klar und bestimmt, dass jetzt nicht seine Zeit ist.
Zum inneren Kritiker hatte ich bereits einen Artikel geschrieben. Wenn du hier für dich weiterkommen möchtest, schau ihn dir doch an.
Sei dir selbst der beste Freund/ die beste Freundin auf diesem Planeten.
Wenn dir der Artikel gefallen hat, empfehle ihn doch anderen weiter. Solltest du Fragen oder Anregungen haben, würde ich mich freuen, von dir zu hören.
Weiterlesen
Selbstmitgefühl – K. Neff
Selbstführung (Silvia Richter-Kaupp)
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