Eine kleine Geschichte
Der amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin wurde von einem jungen Mann um Hilfe gebeten. Dieser hatte das Problem, dass er zwischen zwei Frauen, von denen er eine heiraten wollte, nicht entscheiden konnte. So empfahl ihm Franklin, dass er jeweils auf einem Blatt die Vor- und Nachteile der Frauen notieren sollte. Der junge Mann sollte die Frau wählen, welche mehr Punkte auf der positiven Seite hatte. Als er herausgefunden hatte, welche Frau mehr positive Punkte hat, merkte er, dass er die andere Frau wollte. Diese heiratete er schlussendlich auch. Der Verstand hatte dem Gefühl auf die Sprünge geholfen.
Wenn Gefühl und Verstand sich widersprechen, kommt es zur Kraftprobe zwischen den beiden.
Und wie sieht es bei uns aus?
Wir alle treffen täglich Unmengen an Entscheidungen. Was ziehe ich an? Fahre ich über die Autobahn oder durch die Stadt? … Manchmal ist es so, dass uns das Leben wie ein Herumirren in einem Supermarkt, mit tausend tollen Angeboten vorkommt. Diese vielen Möglichkeiten haben uns zwar freier, nicht aber glücklicher gemacht. In der Psychologie spricht man auch von der „Tyrannei der Wahl“.
Viele Entscheidungen laufen fast automatisch ab. Hier sprechen wir auch von Intuition. Wie sieht es aber mit den großen Entscheidungen aus? Ziehe ich für den Job um? Soll ich den Mitarbeiter einstellen/ behalten? Soll ich diese Frau/ diesen Mann heiraten? Wie können wir solche Entscheidungen gut treffen?
Vor ab sollte Ihnen klar sein, dass es bei komplexen Entscheidungen meist so sein wird, dass es nicht die „Eine richtige Entscheidung“ gibt. Die Gefahren, die durch nicht Entscheiden eintreten, sollten jedoch nicht übersehen werden.
Bei allen Entscheidungen, auch die du mit dem gleich vorgesehenen System erstellst, geht es darum sich damit anzufreunden, nach dem besten Wissen, zum Zeitpunkt der Entscheidung, gehandelt zu haben. Entweder du wirst Erfolg mit deiner Entscheidung haben, oder du wirst daraus lernen.
Ein einfaches System
Je systematischer Entscheidungsprozesse ablaufen, desto einfacher wird dir die Entscheidung fallen. Wenn du den Prozess beibehältst, wird er leichter. Je öfter du ihn wiederholen umso wahrscheinlicher wird er in deinen normalen Umgang mit Entscheidungen übergehen. Doch nun zum Prozess, den ich Ihnen vorschlagen möchte.
Die Brüder Heaths entwickelten den WRAP – Prozess, welcher dich durch die vier Schritte für eine gute Entscheidung führt. Lass uns in diesen Prozess einsteigen.
W steht für Wahlmöglichkeiten
Sobald du bei einer Entscheidung an den Punkt „Entweder – Oder“ kommst, solltest du vorsichtig sein. Ein „Entweder – Oder“ gibt es ganz, ganz selten. Suche bewusst nach Alternativen. Soll ich das neue Arbeitsangebot annehmen? Soll ich von „x“ nach „y“ ziehen? Soll ich den Mann / die Frau heiraten? … Bei Entscheidungen gilt „Entweder – Oder“ = mindestens eine „Alarmglocke“.
Suche in dieser Phase bewusst nach möglichen Alternativen. Frage hierzu auch Freunde, Bekannte und Kollegen, die eventuell nicht so stark emotional eingebunden sind wie du selbst. Vielleicht kennst du ja auch jemanden, der eine ähnliche Entscheidung schon getroffen hat. Je mehr Alternativen du findest, umso besser wird deine Entscheidung ausfallen.
R übernimmt die Realitätsprüfung
Nachdem du verschiedene Wahlmöglichkeiten getroffen hast, analysiere diese. Auch hier wird sich dein Bauchgefühl melden. Du wirst Tendenzen wahrnehmen, die deine Intuition bevorzugt. Doch hier ist Vorsicht geboten. In deinem Unbewussten spielt sich etwas ab, dass starken Einfluss auf deine Entscheidung hat. Die sogenannte Selbstbestätigung.
Wir alle neigen dazu, unsere Informationen und Interpretationen so zu verbiegen, dass sie zu unserer Intuition passen. Wenn die nun zu treffende Entscheidung, auf vorhergehenden Entscheidungen aufbaut, wirst du, wie bereits gesagt unbewusst, alles daran setzen, die vorhergehenden Entscheidungen zu rechtfertigen.
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Ein Ehepaar mit vier Kindern zog von Bayern aus in die Nähe von Köln. Hier kauften sie sich ein Haus und bauten es nach und nach aus. Der Mann arbeite bei einem großen Chemiekonzern. Deswegen waren sie ja auch in die Nähe des Unternehmens gezogen. Da der Mann durch die Arbeit fast 300 Tage auf Montage war, war die Mutter mit ihren Kindern allein zu Hause.
Der Mutter viel es schwer, neue Kontakte zu knüpfen. Ihr war es deutlich anzusehen, wenn Sie von einem Besuch, aus der Heimat, zurückkam. Dort war sie glücklich, hatte ihre Kontakte und Bindungen. Das alles fehlte ihr nach dem Umzug.
Dennoch wurde weiter am Haus festgehalten. Es wurden Freunde übers Wochenende eingeladen. Weitere Umbaumaßnahmen besprochen ….
Es war ein langer Prozess, bis sich das Ehepaar entschied, das Haus zu verkaufen und zurück in ihre Heimat zu ziehen. Nach einem Brief zu urteilen, geht es beiden dort besser.
Sei also vorsichtig, zu sehr deinem Gefühl zu vertrauen. Wir lassen uns erstaunlich leicht von unbewussten Prozessen ablenken. Unsere Vorurteile und Ängste sind uns zwar nicht immer bewusst, aber sie haben einen Einfluss auf unsere Entscheidungen.
Um zu vermeiden, dass du in diese Falle der Selbstbestätigung tappst, suche bewusst nach allem, was gegen diese Entscheidung spricht. Welche Widersprüche tauchen auf? Gibt es Beweise, die gegen die Entscheidung sprechen? Auch wenn diese deinen Vorlieben oder vielleicht sogar deinem Weltbild zuwiderlaufen, schaue genau hin. Denn gerade „großen“ Entscheidungen sollten wir möglichst unvoreingenommen gegenüberstehen.
Wann immer möglich bespreche deine Entscheidung bitte mit Kollegen, Bekannten oder Freunden. Frage hierbei gezielt nach Ergänzungen beziehungsweise Schwierigkeiten, die dir nicht aufgefallen sind.
A sorgt für den nötigen Abstand
Meine Oma sagte oft: „Schlaf noch mal ´ne Nacht drüber, Junge.“ Das hat sich so manches mal gelohnt. Es hat mich vor einigen, sicherlich nicht vor allen, Fehlentscheidungen bewahrt. Eine hohe Zahl von Studien bestätigt, dass Entscheidungen, die erst am nächsten Tag getroffen werden, die Positiveren für den Entscheider sind.
Manchmal geht das nicht. Du solltest in jedem Fall eine, Pause einlegen. Schaue dir die Entscheidung nochmals aus einer Metaperspektive an. Betrachte die Sache von außen. Wie wirkt sich die Entscheidung heute aus? Wie wird sie sich in diesem Jahr auswirken? Wie werde ich in fünf Jahren damit zurechtkommen, oder darauf zurück blicken?
Was würden andere Menschen in der gleichen Situation zu der Entscheidung sagen? Wie wird meine Familie dazu stehen? Was würde ich Kollegen in einer ähnlichen Situation raten? …
Passt die Entscheidung zur persönlichen Ausrichtung? Entspricht sie meiner Persönlichkeit? Wird sich dadurch die Außenansicht auf mich verändern? Wie wirkt sie sich auf mein derzeitiges Leben aus? …
P zur Problemvorschau
Die Entscheidung ist gefallen. Jetzt fängt die Arbeit an. Jeder noch so ausgefeilte Plan funktioniert so lange reibungslos, bis das Leben dazwischen funkt. Wie im Beispiel mit Ehepaar tust du gut daran, zu überlegen, welche Probleme in der Umsetzung auf dich zukommen können.
Angenommen du bist ein bis zwei Jahre weiter. Aus der tollen Idee, mit einer gut durchdachten Entscheidung, ist eine Katastrophe geworden. Wie ist es dazu gekommen? Welche Schritte sind „schief gelaufen“? Welche Alarmzeichen hast du überhört? Welche offenen Falltüren nicht gesehen? Auch wenn dies ein sehr unangenehmes Szenario ist, spiele es gedanklich durch. Sprich darüber oder, besser, schreibe es auf.
Wenn du das getan hast, plane Punkte oder Zeiten ein, an dem du deine Entscheidung überprüfst und möglicher Weise auch noch gegensteuern kannst.
Viel Spaß und Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Entscheidung.
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