„Guten Tag Herr Wiesejahn, ich muss mich bei Ihnen melden.“ „Schönen guten Tag Herr Schmitz. Ich freue mich, Sie zu sehen. Herr Meier hatte Sie schon angekündigt. Dennoch bin ich etwas irritiert. (Pause)“ „Wieso irritiert?“ „Weil ich nicht verstehe, warum Sie müssen.“ „Entweder ich komme zu Ihnen oder ich verliere meinen Job.“
„Ach, Sie haben eine Entscheidung getroffen?“ etwas aggressiv mit dem von mir interpretierten Gedanken – ist der vollkommen blöd –. „Wieso Entscheidung, was gab es denn da zu entscheiden? Entweder ich bin bei Ihnen oder ich bin arbeitslos. Das will ich nicht.“
„Wenn das so ist, kann ich gut verstehen, dass Sie lieber zu mir kommen. Ihre Entscheidung zeigt mir, dass Sie hier weiterarbeiten möchten. Das freut mich und ich würde Sie gerne darin unterstützen.“
Ich muss
Mal die Hand auf´s Herz. Wie oft sagst oder denkst du, „Ich muss…“? Auch wenn ich es besser wissen sollte, mir passiert das mindestens einmal am Tag. „Mist, ich muss noch bei xy anrufen.“ „Ich muss noch bei meiner Mutter vorbeischauen.“ Und so weiter.
Dabei ist die Aussage – ich muss – sehr gefährlich. Sie deutet an, dass du keine Wahlfreiheit hast, was nicht stimmt. Sie grenzt deinen Blick ein und bringt dich zuweilen in eine Opferrolle. Worte schaffen Wirklichkeiten.
Nachdem ich mit dir die Wirkung der Aussage – ich muss – aufgezeigt habe, zeige ich dir Möglichkeiten mit ihr umzugehen. Was du tun kannst, um aus der „ich muss“ Falle auszusteigen findest du am Ende des Artikels.
Es gibt immer eine Wahl
Die Auffassung – ich muss – leugnet jede Wahl. Nur das eine scheint möglich. Letztendlich ist es jedoch eine Frage des Preises. Für jede Entscheidung, die wir treffen, müssen wir einen Preis bezahlen. (Natürlich auch für die, die wir nicht treffen.) Der Preis, der sich durch die Arbeitslosigkeit ergibt, war meinem Klienten zu hoch. Nur unter uns, ich bezweifele, dass es überhaupt so weit gekommen wäre.
In meinem persönlichen Umfeld habe ich oftmals schon die gegenteilige Entscheidung erlebt. Menschen die sich ganz klar entschieden haben (vorerst) in die Arbeitslosigkeit zu gehen. Hier war der Preis im Job zu bleiben zu hoch.
Es geht um das Vergleichen von Preisen. Auf der Grundlage des Vergleiches wird ein Entschluss getroffen. Ich muss – leugnet diese Entscheidung. Das ist schade. Entscheidungen bewusst zu treffen stärkt dein Selbstwertgefühl. Wann immer möglich, mache dir bitte deine Entscheidungen bewusst.
Ich muss, grenzt ein
„Ich muss“ beschränkt die Möglichkeiten meist auf „A“ oder „B“. Die Wahl, die du in einem solchen Moment triffst, ist die des (gefühlten) kleineren Übels. Der Punkt, gegen den du dich entscheidest, wird dabei oftmals dramatischer gedacht, als er wirklich ist.
Zum Beispiel zurück. Würde die Weigerung mit mir zu sprechen wirklich in die Arbeitslosigkeit führen? So leicht ist das mit dem Kündigen auch nicht. Was gäbe es für Alternativen? Ein erneutes Gespräch mit dem Vorgesetzten? Ein gezieltes Gruppentraining in einem bestimmten Bereich? Die Bewerbung auf einen anderen Arbeitsplatz? …
Die Eingrenzung deiner Gedanken liegt im Stressmodus. Ich muss, löst Stress aus. Hier bist du nicht besonders denkflexibel. Daher ist es zum einen wichtig, dass du dir die Zeit nimmst, gezielt über die Alternativen nachzudenken. Zu andern hilft es, darüber zu sprechen und deine Überlegungen mit anderen zu teilen.
Bedenke, dass deine Freunde dich mögen und zu dir halten. Das ist auch gut so! Manchmal verliert über das „sich gegenseitig mögen“ die Objektivität ihre Rolle. Es kann hilfreich sein, gerade bei größeren Entscheidungen, wenn du dir professionelle Hilfe holst.
Ich muss – das Opfer
Ich muss, bringt dich in eine Opferrolle. Du bist das Opfer der Umstände. Du musst ja so handeln. Wenn du die Wahl hättest, würdest du einen anderen Weg gehen. Und so weiter und so fort. Damit gibst du anderen oder den Umständen, Macht über dich. Du gibst deine Verantwortung ab.
Ich halte es für das eigene Wohlbefinden für wichtig, dass die Menschen die Macht über ihr Leben behalten. Hier gibt es nur wenige Ausnahmen. Diese Ausnahmen entstehen, wenn du aus freiem Herzen die Macht, zeitlich befristet, an eine andere Person abtrittst. Doch zurück zum muss.
Hier halte ich es wieder für wichtig, dass du dir die Entscheidung hinter dem – ich muss – bewusstmachst. Sobald du für dich klar hast, dass du die Entscheidung triffst, kommst du ein Stück aus der Opferrolle hinaus. Dann überlege, wie oben dargestellt, welche Wahlmöglichkeiten du hast.
Worte schaffen Realitäten
Ich treffe immer mal wieder auf die Aussage: „Ich hasse meine Arbeit, aber ich muss da ja hingehen.“ Wie schrecklich und wie traurig! Jeden Tag aufbrechen zu einer Arbeit, bei der man sich unwohl fühlt. Leider lässt sich das manchmal wirklich nicht ändern. Und dann?
Kurzer Einschub. Ich gehe hier jetzt von der Arbeit aus. Die Szenerie passt zu jedem – ich muss. Ich muss bei meiner Mutter/Frau/Mann/Kinder …. bleiben. Ich muss abnehmen/studieren/den Führerschein machen ….
Wie bereits dargestellt engt das „ich muss“ dich ein und bring dich in eine Opferrolle. Das führt dazu, dass du die negativen Seiten der Arbeit immer mehr in den Blick nimmst. Positive Anteile, die es nach meiner Erfahrung stets gibt, wirst du kaum noch wahrnehmen. Das verstärkt ein „muss“. Eine Teufelsspirale setzt ein. Die Arbeit wird immer schlimmer und die Abneigung steigt. Die positiven Seiten verlieren ihren Glanz und verschwinden bald gänzlich.
Versuche für dich alternative Aussagen zu finden. Wenn möglich beziehe die positiven Möglichkeiten der „muss“ – Situation mit ein. Ich gehe zur Arbeit und finanziere mir so meinen Lebensunterhalt. Ich schaue, was ich dort noch lernen kann, bis ich einen neuen Job gefunden habe. Ich suche mir die positiven Aspekte meiner Arbeit heraus und versuche davon mehr zu machen. Ich sehe zu, dass ich mehr Dienst mit xy habe. …
Eine solche „neue“ Sichtweise wird deinen Blick weiten. Wahrscheinlich wird sie dir auch ein wenig Stress aus der „muss“ Situation nehmen. Damit bist du freier im Finden von Alternativen zu der jetzt schwierigen Situation.
Was du tun kannst
Mache dir bitte erst einmal klar, dass du bei einem – ich muss – eine Entscheidung getroffen hast.
Überlege noch einmal, wie sich die Entscheidungen auswirken. Sind sie in ihrer Wirkung wirklich so extrem oder malst du den Teufel an die Wand? Gäb es Alternativen, die du bisher nicht in Betracht gezogen hast? Hast du dich schon mit anderen darüber ausgetauscht?
Wenn du aus einer für dich unangenehmen Situation nicht herauskommst, suche nach alternativen Aussagen. Was könntest du statt – ich muss – sagen? Wann immer möglich versuche positive Ansätze in die neue Beschreibung mit einzubauen.
Hier geht es zur Übersicht der Artikel in diesem Blog.
Wenn du zukünftig keinen Artikel mehr verpassen möchtest, dann trage dich einfach in die Newsletterliste ein!
In meinem Newsletter informiere ich dich über Themen der Persönlichkeitsentwicklung, Beziehungen und deren Gestaltung. Informationen zu den Inhalten, der Protokollierung deiner Anmeldung, dem Versand über den US-Anbieter MailChimp, der statistischen Auswertung sowie deiner Abbestellmöglichkeiten, erhält du am Ende meiner Datenschutzerklärung.