Vom Umgang mit dem Aufschieben

Um was geht es?

Das Aufschieben von Aufgaben passiert jedem Mal. Erst möchte ich dir erklären, wie sich das Aufschieben auswirkt. Dann gehen wir dazu über, uns die Gründe hinter dem Verhalten anzuschauen. Bevor ich dir aufzeige, wie du mit dem Aufschieben umgehen kannst, möchte ich dir dessen Wirkung vor Augen führen.

Aufschieben passiert

Ich weiß nicht, wie es dir geht, ich erwische mich schon mal dabei, dass ich Sachen aufschiebe. Das Lieblingsthema beim Aufschieben ist die Steuererklärung. Bei mir ist die auch ein wunder Punkt. Dann gibt es da Berichte oder Telefonate, um die ich mich gerne drücke.

aufschieben von Telefonaten

Glücklicherweise bin ich nicht alleine. Ich habe schon viele, auch erfolgreiche Menschen kennen gelernt. Alle hatten ein Thema mit dem Aufschieben. Aufschieben wird zu einem Problem, wenn es uns belastet.

Wie wirkt Aufschieben?

In der Gestalttherapie sprechen wir von offenen Gestalten. Das sind all die Sachen, im Leben, die wir noch nicht abgeschlossen haben. Die nicht „rund“ sind. Hierzu gehören auch unterbrochene, offene Aufgaben.

Unabgeschlossenes hat die Tendenz immer wieder in unserem Gedächtnis aufzutauchen. Wir erinnern uns viel besser an Dinge, die wir noch nicht erledigt haben. Abgeschlossenes kann auch unser Gehirn abhaken. Das ist übrigens eine Schutzfunktion unseres Gehirns. Mittlerweile gibt es, zu diesem Phänomen,  viele wissenschaftliche Untersuchungen und eine Beschreibung. Das Ganze heißt Zeigarnik-Effekt.

Die Schwierigkeit, die beim Aufschieben auftauchen kann, führt zu einer Belastung. In den Zeiten, in denen wir zur Ruhe kommen, drängen sich unerledigte Aufgaben in unser Bewusstsein. Das Aufschieben wird zu einer Falle. Wenn wir etwas mit Freunden unternehmen, denken wir an den Bericht, der geschrieben werden sollte. Wir sind mit unseren Gedanken wo anders. Dann wird es auch schwer mit der Erholung.

aufschieben=kehrt zurück

Warum wir aufschieben

In meiner Praxis kommen hauptsächlich drei Punkte vor, die das Aufschieben unterstützen. Diese drei Punkte sind, unangenehme Gefühle, die Angst vor dem Versagen und die Angst vor Erfolg. Darauf möchte ich jetzt näher eingehen.

Unangenehme Gefühle

Unser Gehirn hat, so beschreibt es die derzeitige Hirnforschung, die Tendenz der Lust zu folgen. Alles, was uns Freude bereitet wird gerne erledigt. Sobald wir irgendetwas unerfreulich finden, sucht unser Gehirn nach Ausweichmöglichkeiten. Es will uns vor schlechten Erfahrungen schützen. So können beispielsweise Anrufe verschoben werden, weil wir fürchten, dass der Inhalt des Telefonates, für uns unangenehm wird.

In diesen Bereich gehört auch der Perfektionismus. Da etwas, in unseren Augen, immer noch nicht perfekt ist, ist es uns unangenehm.

Leider kann das Aufschieben solcher Gegebenheiten dazu führen, dass „der Berg“ höher wird. Je länger wir Unangenehmes aufschieben um so schwieriger wird es, die Aufgaben anzugehen. Sie wirken wie der „Scheinriese“ aus „Jim Knopf“. Je weiter er weg ist, umso größer wirkt er.

Und, Hand aufs Herz, wenn wir das Aufschieben beenden und die Sachen erledigen, ist es meist gar nicht so schlimm.

Die Angst vor dem Versagen

Zu dieser Angst gehört auch das, was andere Menschen über uns denken könnten. Hier spielt unser Unterbewusstsein eine Rolle. Es will uns vor Misserfolg oder Abwertung schützen. So verschieben wir das Aufhören mit dem Rauchen, weil wir innerlich glauben, dass wir es eh nicht schaffen. Wir erzählen niemanden, was wir erreichen wollen. Was werden die denken, wenn wir es nicht umsetzen oder es uns nichts bringt? Beides schwächt unser Selbstwertgefühl.

Um in eine stärkere Position zu kommen, sagen wir uns oft. „Ich habe es ja versucht.“ Das schlechte Gefühl beziehungsweise Gewissen bleibt.

In einer anderen Situationen vertreten wir die Meinung, dass jetzt eine ungünstige Zeit für unser Vorhaben ist. Manchmal glauben wir, dass sich erst die Umstände ändern müssen, bevor wir anfangen. Das Aufschieben beginnt.

aufschieben und der richtige Zeitpunkt

Die Angst vor dem Erfolg

Diese Form des Aufschiebens ist, aus meiner Sicht, die Schwierigste. Wer würde schon sagen, dass er nicht gerne erfolgreich wäre? Hier spielt das Unbewusste eine recht große Rolle. Aber was passiert denn, wenn wir erfolgreich sind?

Wenn wir, mit was auch immer, erfolgreich sind, ragen wir hervor. Wir werden auf unseren Erfolg angesprochen. Wir stehen im Rampenlicht. Neider tauchen auf und versuchen das Erreichte kleinzureden. Erfolg wird teilweise verübelt, wenn wir erreichen, was andere, trotz großer Anstrengung, nicht erreicht haben. Hier  nenne ich beispielsweise nochmal das Rauchen oder Abnehmen.

Manchmal haben wir Angst, aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden, wenn wir erfolgreich sind. So möchten Kinder ungerne zu den Strebern gehören. Ganz schwierig wird es, wenn es um einen engen Freundeskreis oder gar um die Familie geht. Ein wenig aus meiner Praxis.

Ich hatte schon öfters Klienten, bei denen „Aufschieben“ die Lösung war, nicht besser  als die Eltern zu sein. Sie hatten das Gefühl ihre Eltern zu verraten und sich über sie zu stellen. Die Klienten hatten dann das Gefühl, sie würden auf ihre Eltern herab schauen. Ich hatte einen Klienten, der mehrfach die Unterlagen für angebotene Beförderungen nicht abgegeben hatte. Das mit dem Vorwand, sie seien noch nicht vollständig. Nachdem wir sein Thema mit den Eltern bearbeitet hatten, wurden die Bewerbungsunterlagen abgegeben.

Was passiert, wenn wir aufschieben

Ich hatte es oben bereits dargestellt. Ungelöste Aufgaben drängen sich immer wieder in unsere Gedanken. Manchen lassen uns nicht schlafen. Offene Themen lenken uns in jedem Fall ab.

Durch diese Ablenkung und den eventuellen Schlafmangel kommt es dazu, dass wir unser Potential nicht voll entfalten können. Aufschieben behindert unsere Kreativität und damit Lösungsmöglichkeiten, die wir für anstehende Arbeiten brauchen.

Was du nicht tun solltest

Wir alle sind mit unserem Schulsystem aufgewachsen. In dem geht es darum Falsches, also die Fehler, aufzuzeigen. Zusätzlich neigen wir alle dazu, Negativem mehr Beachtung zu schenken. Ich hatte darüber in meinem Beitrag, „Dem Grübelkarussel entkommen“ geschrieben. Wenn du jetzt noch in einem kritisch beobachtenden Umfeld aufgewachsen bist, wirst du wahrscheinlich zur Selbstkritik neigen.

Das heißt, die Sache läuft nicht, wie du es dir wünschst und dafür machst du dich runter. Also doppelter Schmerz! Manchmal glauben wir, Kritik würde uns anspornen. Da du aber weißt, dass unser Gehirn eher der Lust zu strebt, ist dieser Ansatz hinterfragenswert. Außerdem wird die Eigenkritik immer weiter steigen, damit leider auch die Lustlosigkeit anzufangen. Es entsteht Stress pur! Hör bitte auf, dich selber zu kritisieren.

Und nun?

Welche Aufgaben du erledigen solltest und wie du sie am besten angehst, weißt du sicher. Wenn du dich mal wieder beim Aufschieben ertappst, lohnt es, über die Hintergründe nachzudenken. Welche Gefühle hast du, wenn du an die Aufgabe denkst?

Nimmst du diese Gefühle an, auch wenn sie nicht angenehm sind, wird es dir meist schon leichter fallen, die Aufgabe anzunehmen.

Das der schlimmste Teil einer aufgeschobenen Aktion das Anfangen ist, weißt du bestimmt. Vielleicht kannst du dir einen kleinen Anfang suchen. Die Telefonnummer aufschreiben, ein paar Notizen zum Gespräch machen oder die Unterlagen schon mal zusammenlegen.

Gib dir in jedem Fall selbst ein Versprechen: „Sollte die Angelegenheit aus dem Ruder laufen, gehe ich verständnisvoll und freundlich mit mir um.“ Vielleicht findest du einen Freund, der dich darin unterstützt, die Dinge liebevoll anzugehen.

aufschieben und Unterstützung

Fazit

Aufschieben ist besser als ein Beinbruch. Wenn es dich jedoch belastet, überlege, welche Emotionen dich abhalten, anzufangen. Steige aus dem Kreislauf Selbstkritik und Aufschieben aus. Bringe dir und deinen Gefühlen Wertschätzung entgegen. Wenn du freundlich mit dir umgehst, denke nach, was der erste Schritt, die Aufgabe zu beginnen, sein kann.

Weiteres

Zum Abschluss möchte ich auf zwei „Kollegen“ hinweisen. Der eine ist der Zeitmanagement Experte Ivan Blatter mit einem interessanten Experiment zum Aufschieben. Der andere, Thomas Mangold, beschäftigt sich seit langer Zeit, wie ich finde auch sehr gut, mit dem Thema Selbstmanagement. Zum Aufschieben hat er einen hörenswerten Podcast aufgenommen.

Ivan Blatter: Vom ewigen Aufschieben

Thomas Mangold: 8 Tips gegen Aufschieberitis
 

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