Worum geht es?
Geschichten, die wir über uns erzählen, haben einen großen Einfluss auf unsere Persönlichkeit. Nachdem ich kurz auf das Thema Geschichten eingehe, zeige ich dir, wie sie unsere Persönlichkeit beeinflussen. Hierzu gibt es ein Beispiel aus meiner Praxis. Ich zeige dir, wie du aus einer „negativen“ Geschichte aussteigen kannst. Schließlich schauen wir uns noch an, wie du Geschichten neu schreiben und für dich nutzen kannst.
Wir Menschen lieben Geschichten.
Menschen und Geschichten sind untrennbar voneinander. Was glaubst du, warum die Geschichten aus Königshäusern sowie von den „Reichen und Berühmten“ so viel Raum einnehmen? Eine Ganze Industrie lebt davon, dass sie uns Geschichten erzählt. Geschichten erzählen nicht nur über Persönlichkeiten, sie können auch die Persönlichkeit entwickeln.
Auch die Werbung entdeckt das Geschichtenerzählen immer mehr für sich. Dort wird es „Storytelling“ genannt. Geschichten können werben, informieren, begeistern und leider schaden.
Wenn Geschichten Schaden anrichten
Die Geschichten, die uns schaden beziehen sich auf unsere ungeliebten Eigenschaften. Sie fangen weitgehend mit „Ich bin“ an. Ich bin zu dumm, ich bin zu alt, ich bin zu dick, ich bin zu faul … Überwiegend sind das Geschichten, die wir als Kind in unserer Umgebung aufgenommen haben. Wenn wir sie immer wieder gehört haben, glauben wir sie. Sie werden Teil unseres Lebens. „Ich bin zu alt“ könnte aus einer Familienvorstellung kommen, in der man ab einem bestimmten Alter manches nicht mehr macht. Das könnte deine Persönlichkeit einschränken.
„Ich bin“ bedeutet, dass sie zu unserer Persönlichkeit gehören. In der Psychologie spricht man auch von Identität. „Ich bin so“ bedeute, dass daran nichts zu ändern ist. Nach meiner Erfahrung ist das ein großer Denkfehler!
Aus meiner Praxis
Ein Mann Anfang 30, nennen wir ihn Karl, kam zu mir, da er sich beruflich verändern wollte. Eigentlich wollten seine Frau und seine Freunde die berufliche Veränderung, das ist jedoch eine andere Geschichte.
Karl erzählte mir: „Ich würde gerne eine neue Stelle annehmen, aber ich bin so ungeschickt. In meiner jetzigen Stelle haben sich alle daran gewöhnt. “ „Ungeschickt sein“ war ein wesentlicher Teil, seiner Persönlichkeit, zu mindestens aus Krals Sicht.
Da es unsere erste Stunde war, wollte ich noch etwas mehr von ihm erfahren. Ich fragte Karl nach seinen Hobbys. Karl hatte eine Modelleisenbahn Größe „N“. Zum allgemeinen Verständnis: Ich würde die Bahn nicht anfassen, da sie so klein ist, dass ich Angst hätte, etwas kaputt zu machen. Ich bat Karl zum nächsten Termin ein Foto der Bahn mitzubringen und versprach ihm über sein „Ungeschickt Sein“ zu sprechen.
Karl hatte eine phantastische Eisenbahnlandschaft aufgebaut. Ich sagte ihm, dass ich „Ungeschickt“ nicht mit einer solch detaillierten Bahn zusammenbringen könne. Er war erstaunt. Das war ihm bis dahin noch nicht aufgefallen.Ich hatte einen anderen Blick auf seine Persönlichkeit.
In diesem Zusammenhang zeigt sich unser denken, nochmal deutlich. Haben wir einen Teil unserer Persönlichkeit identifiziert, nehmen wir Hinweise, die zu einem anderen Ergebnis führen, kaum wahr.
Wie kam es nun dazu, dass Karl sich für ungeschickt hielt?
Karl war als Kind mit seinen Eltern zu einer Tante gefahren. Wie Kinder nun mal so sind, hatte er einen großen Bewegungsdrang. Die Tante erwartete jedoch, dass die Kinder brav sitzen bleien und andächtig zuhören, wenn sich die Erwachsenen unterhalten. Karl fing an sich zu langweilen und spielte mit einer Porzellanfigur. Es kam, wie es kommen musste. Die Figur viel runter und zerbrach in tausend Stücke. Da der Mutter das peinlich war, sagte sie: „Der Junge ist etwas ungeschickt, es tut mir leid.“ Das „Ungeschickt sein“ war geboren. Jedes Mal wenn Karl nun etwas runterfiel oder, wenn er etwas falsch anpackte, hieß es: „Sei nicht so ungeschickt.“ beziehungsweise „Stell das wieder hin, du bist zu ungeschickt dafür.“ „Ungeschickt Sein“ wurde zu einem Teil von Karls Leben und seiner Persönlichkeit.
Wenn Eigenschaften, die uns betreffen, ständig wiederholt werden, glauben wir sie irgendwann. Fang an, diese Zuschreibungen zu hinterfragen!
Das Schlimme war, so sehr sich Karl auch bemühte, er blieb ungeschickt. Sehr wahrscheinlich sind Karl nicht mehr Sachen runtergefallen und kaputtgegangen wie anderen Kindern, der Blick auf ihn und sein Verhalten hatte sich jedoch verändert. Vieles was nun mal passiert, wurde direkt mit „ungeschickt“ eingestuft.
Wir fingen an, an den Tatsachen zu arbeiten. Wo erlebte sich Karl heute „ungeschickt“? Was genau tat er dann? Was lässt sich daran verändern?
Hierbei stellte sich heraus, dass Karl, wenn er sehr aufgeregt war, motorisch aktiver wurde. Gerade, wenn er gute Einfälle hatte, konnte er sich kaum noch ruhig halten. Von diesen guten Einfällen hatte er jede Menge. Ruhig bleiben, wie bei der Tante, ging dann gar nicht. Wir erarbeiteten gemeinsam Möglichkeiten, wie er in Bewegung kommen konnte, ohne dabei „ungeschickt“ zu sein. Nach und nach wurde Karl lockerer und konnte sich von seinem „Ich bin ungeschickt“ lösen.
Welche Geschichten hast du über dich?
Vielleicht: Ich bin Arm (bezogen auf Geld)! – Wie viel Geld hast du genau? Was kannst du tun um entweder damit zurecht zu kommen, oder mehr Geld zu erlangen?
Oder: Ich bin einsam! – Wo genau bist du? Wie kannst du in Kontakt kommen oder, was an deinem „allein sein“ kannst du vielleicht genießen?
Wenn du merkst, dass du dir Geschichten über dich erzählst, überlege, welche Tatsachen dahinterstecken. Dann kannst du in Erwägung ziehen, ob und wenn ja, wie du diese Tatsachen veränderst. Tatsachen haben weit aus weniger Einfluss auf unsere Gefühle und unsere Persönlichkeit, im Gegensatz zu Geschichten. Sie lassen sich deutlich einfacher verändern.
Wie wir Geschichten für uns und unsere Persönlichkeit nutzen können
Umgekehrt kannst du die Eigenschaft von Geschichten auch für dich nützlich machen. Du kannst deine Persönlichkeit damit erweitern. Welche Geschichten würdest du gerne über dich erzählen? Wie kannst du deine Geschichten so über dich erzählen, dass sie positive Gefühle auslösen?
Der Psychologe Richard Wiseman hat eine Liste mit Schlüsselsätzen entwickelt. Mit diesen Schlüsselsätzen könnte deine Geschichte anfangen. Ein paar davon sind:
- Ich denke, dass ich die Dinge zum Erfolg führen kann.
- Ich weiß, dass, wenn ich die etwas angehe, wird es sich normalerweise gut entwickeln.
- In solchen Momenten fühle ich mich richtig begeistert.
- Heute fühle ich mich besonders tüchtig.
- Ich bin gerade sehr optimistisch und erwarte, dass ich mit den meisten Menschen, die ich treffe, sehr gut zurechtkomme.
- Ich habe den Eindruck, über mein Leben die volle Kontrolle zu haben.
Lies dir die Sätze laut vor und versuche das damit verbundene angenehme Gefühl zu empfinden. Eventuell hört sich das komisch für dich an. Probiere es bitte aus, wenn möglich ein paar mal. Danach kannst du entscheiden, ob es dir hilft oder du die ganze Sache lieber vergisst.
Diese Sätze können ein Ausgangspunkt für viele angenehme Geschichten über dich selbst sein. Deine Persönlichkeit kann sich positiv erweitern.
Fazit
Wenn du dir Geschichten über „So bin ich halt“ erzählst, hinterfrage die Tatsachen. Niemand, auch du nicht, ist einfach so! Wenn dich dieses „So Sein“ in deiner Persönlichkeit einschränkt, fang an es zu verändern. Eventuell kannst du diese Geschichte, über dich, durch eine andere ersetzen.
Viel Spaß beim Entdecken deiner Möglichkeiten!
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