Die Nacht beginnt recht früh. Nebel taucht morgens und abends die Wiesen und Felder in ein zartes weißgrau. Von Zeit zu Zeit bleibt er den ganzen Tag. Schemenhaft kommen uns Bäume, die ihr letztes Laub verloren haben, vor. Mystisch bis gespenstisch wirken die Figuren, die uns erscheinen.
Manchmal übernimmt der Regen tagelang die Regentschaft. Wege werden matschig und Pfützen spiegeln das grau der Wolken wieder. Unwirklich wirkt diese Zeit bisweilen. Ich muss gestehen, ich mag sie dennoch.
Für mich hat sie einen Hauch Märchenhaftes. Der Duft von Gebäck liegt in der Luft. Die Geräusche werden vom Nebel gedämpft. Die Welt ist ruhiger. Tee wärmt sowohl den Bauch wie auch meine Seele. Das Kerzenlicht spiegelt sich in den Augen der Menschen und manchmal sieht ich noch etwas mehr. Es blitzt eine Idee auf, die ich Liebe nennen würde. Ja, die Zeit der Sonnenbrillen ist vorbei.
Begegnungen in dieser Zeit
Gleichsam ist es für mich die Zeit der Essenz. Ich nehme das tragende Gerüst der Bäume und Sträucher wahr. Ihre Figuren, die nun klar zur Geltung kommen. Ähnlich geht es mir mit den Menschen.
In dieser Zeit achte ich vermehrt auf Werte und das Wesen hinter den Geschichten und Erzählungen. Das, was da ist, ohne dass irgendetwas da sein muss. Solche Momente der Besinnlichkeit gönne ich mir und schaue genauer hin.
Die Welt dreht sich gefühlt etwas langsamer. Abseits des Treibens liegt die Ruhe in einem Latte Macchiato und der Geschichte, die mir mein Gegenüber gerade erzählt. Bisher kannten wir uns nicht. Wahrscheinlich werden wir uns auch nicht wiedersehen.
Das Grau und der Regen bringen uns zusammen. Sie machen uns nach außen offener. Es geht um nichts Wichtiges. Gleichzeitig wird es selten belanglos. Wir schenken die Zeit, und den Raum beieinander anzukommen. Du bei dir, ich bei mir und wir zusammen. Dabei erleben wir, dass wir nicht alleine sind. Kleine Geschenke, die am Rande des Lebens lauern und mich immens bereichern.
Es ist die Zeit, in der die Natur ihre Kräfte sammelt, um im kommenden Frühjahr in voller Pracht zu erscheinen. Ich versuche es, ihr gleichzutun. Lese Bücher, die meine Seele nähren. Ich suche nach kleinen Wundern und finde sie auch.
Mich interessiert das Leuchten der Menschen um mich herum. Das Leuchten ist leichter zu erkennen, wenn die Schatten früher kommen. Ich genieße den Kerzenschein bei einem guten Rotwein. Lange Gespräche und der Austausch von tiefen Gedanken sind meine wundervollsten Weihnachtsgeschenke.
Und Du?
Was machst du, wenn die Welt ihre Farbe verliert?